Pininfarina SpiderEuropa Volumex

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Das Beste kommt oft zum Schluss. Zum absehbaren Ende der Produktion des 124 Spider 1984, nun schon seit einigen Jahren unter dem Markennamen Pininfarina im Verkauf, legt der Hersteller eine Kleinserie von 500 Exemplaren auf, die neben einigen optischen Aufwertungen mit der Kompressor-Variante des Lampredi-Vierzylinders, der schon im FIAT 131 Volumex, im Lancia Beta Coupé VX, dem HPE VX und im Trevi angeboten wurde. Die Produktion läuft nur schleppend an, im ersten Jahr werden rund 200 Exemplare gebaut, im zweiten und letzten Jahr dann weitere 300, als zweite Serie mit kleinen Änderungen. Der Run auf die Fahrzeuge ist groß, besonders in Deutschland, wo schließlich rund 400 Fahrzeuge landen und auch heute noch der größte Bestand existiert.


Im Vergleich zu neuen Zweisitzern hat der 124 Spider ausgesprochen viel Platz. Man sitzt nicht eingemauert zwischen Tür und Mitteltunnel und die Gürtellinie ist sehr niedrig, was zusammen mit dem kleinen seitlichen Dreiecksfenster im Dach und der großen Heckscheibe schon in geschlossenem Zustand für Licht und gute Rundumsicht sorgt. Das manuelle Dach lässt sich leicht und schnell öffnen, verzichtet man auf die Persening, braucht man dazu noch nicht einmal auszusteigen. Einmal geöffnet, sitzt man wirklich draußen, im Gegensatz zu neueren Fahrzeugen, wo die Türoberkante bis an die Ohren reicht. Durch den recht großen Kofferraum, dem zusätzlichen Stauraum unter einer Klappe hinter den Sitzen, und der Ablage, die auch bei offenen Verdeck noch Platz für bis zu zwei Wasserkisten bietet, ist der Wagen auch für längere Reisen zu zweit bestens geeignet. Dazu kommt die gute Übersicht, die Fahrzeugenden sind offen wie geschlossen gut zu sehen. Ich habe ja auch einen BMW Z1, der nur knapp 19cm kürzer ist. Im direkten Vergleich fällt sofort auf, wie viel nutzbarer der Spider im Alltagsbetrieb ist.
Trotz seines Exotenstatus ist der Volumex in der Versicherung ausgesprochen preiswert. Mit H-Zulassung liegt der Preis für eine Vollkaskoversicherung aktuell (Stand 2022) bei ca 200 Euro.


Antrieb


Die 135PS und 206nm des kompressorunterstützten Vergasermotors mit zwei obenliegenden Nockenwellen und 2 Liter Hubraum haben mit dem Leergewicht von 1060kg recht leichtes Spiel. Immerhin gibt es eine elektronische Zündanlage. Der Motor zieht schon aus niedrigen Drehzahlen kräftig an, höhere Drehzahlen braucht er dagegen nicht, denn der Leistungszuwachs hält sich in Grenzen, ein typischer Kompressormotor halt. Diese Charakteristik passt gut zum Fahrzeug, Überlandfahrten sind seine Stärken. Er zieht gut aus dem Drehzahlkeller an und erlaubt so sichere Überholmanöver, gleichzeitig kann man fast alles im fünften Gang entspannt fahren. Die rund 200km/h Spitzengeschwindigkeit sind auf der Autobahn mühelos erreichbar, aber nicht unbedingt ein Genuss, da der Wagen dann laut wird und angestrengt klinkt.
Das Fünfganggetriebe will mit Nachdruck – und Gefühl – geschaltet werden. Schnelle Gangwechsel fühlen sich nach Gewalt an und sollten vermieden werden, da das Getriebe mit der Leistung und dem Drehmoment gerade so zurecht kommt. Dazu kommt, dass die Haltbarkeit der Schaltgabeln bei falsche Behandlung sehr kurz ist. Die Abstufung ist sportlich und der fünfte Gang eigentlich zu kurz übersetzt, was bei höheren Geschwindigkeiten zu hohen Drehzahlen und einer entsprechenden Geräuschkulisse führt. Die ist ab und zu unterhaltsam, auf die Dauer allerdings lästig, Gespräche mit den Beifahrer werden anstrengend, Radiohören kaum mehr möglich. Den Spider fährt man im hohen Gang und mit erlaubten Geschwindigkeiten durch die Eifel. Da gibt es dann auch keine Hitzeprobleme, denn jede Form von Stop-and-Go und Staus sind gegen die Natur des Autos, er wird schnell sehr warm. Der über rund 70.000km gemittelte Benzinverbrauch liegt bei 10l/100km. Das ist für ein über dreißig Jahre altes Auto, dazu noch mit Kompressor, angemessen.


Fahrverhalten


Das Fahrwerk ist im Prinzip auf den Stand von 1966, mit einer angetriebenen Starachse. Gegenüber den normalen Spidern ist der Wagen 2 cm tiefergelegt, dazu kommen dreigeteilte Speedline-Räder und leistungsfähigere vordere Bremsscheiben. Die einzige Servounterstützung des Autos haben die Abarth-Ingenieure der Bremsanlage spendiert, sonst ist der Volumex ein analoges Auto. Im Stand sind die Lenkkräfte daher, auch auf Grund der breiteren Reifen, sehr hoch. Rollt das Auto aber erst einmal, freut man sich über die präzise und ungefilterte Rückmeldung und angenehme Lenkkräfte. Trotz der großen Bremsscheiben ist das Bremsverhalten nicht mit dem aktueller Fahrzeuge zu vergleichen, daher ist eine defensive Fahrweise mit reichlich Abstand geboten. Voller Leistungseinsatz in kleinen Gängen und auf rutschigem Untergrund führen sehr schnell zu Drehern. Die Starrachse erfordert einen sinnvollen und umsichtigen Leistungseinsatz. Zusammen mit der Originalbereifung von Pirelli machte das den Wagen bei Regen zu einer echten Herausforderung, ein Markenwechsel – und neue Reifentechnologie – dämpfen das Verhalten, es bleibt aber spannend und für Fahrer, die an moderne elektronische Helfer gewöhnt sind, extrem überraschend.


Parallel zum Volumex wurde auch noch eine einfache Version des SpiderEuropa mit einem 105PS-Einspitzer gebaut. Die Basis beider Fahrzeuge ist gleich, Blech, Beleuchtung, Verdeck, Glasteile sind identisch. Die Unterschiede liegen im Detail. Da sind natürlich erst einmal die technischen Elemente des Volumex: Kompressormotor, Vergaser statt Einspritzung , Tieferlegung, andere Räder und Bereifung, andere Dämpfer und eine angepasste Bremsanlage.
Dazu kommen die dem Volumex eigenen Ausstattungselemente. Unter der Frontmaske gibt es einen größeren Frontspoiler, der seitlich in die VX-Kotflügelverbreiterungen übergeht. Den DS VX gab es nur ein zwei Farben, Metallic-Rot und Schwarz, die beide diesem Modell vorbehalten und für den Einspritzer nicht zu bekommen waren. Je ein Volumex-Schriftzug auf der Motor- und Kofferraum-Haube, zwei Volumex-Embleme auf den Kotflügeln und zweifarbige Streifen an den Flanken unterscheiden den VX vom normalen DS. Das Armaturenbrett gleicht bis auf kleine Änderungen dem des normalen Spiders. Der Blick auf die Mittelkonsole zeigt den größten Unterschied. Hier gibt es ein zusätzliches Instrument, dass den Ladedruck anzeigt. Beim normalen DS sitzt hier die Regulierung der Instrumentenbeleuchtung. Bei VX wird das mit einer kleinen Rändelschraube, ähnlich der für die Rückstellung des Tageskilometerzählers, rechts unten neben dem Lenkrad, eingestellt. Der VX-Tacho geht bis 240km, der des DS nur bis 220km/h. Der Drehzahlmesser ist identisch. Zusätzlich gab es noch weiße Frotteebezüge für die Sitze und die Kopfstützen, mit eingesticktem Pininfarina-Schriftzug. Bedingt durch die größeren Räder hat der VX nur ein spezielles Notrad mit eingeschweißter Spurplatte.

Text und Bilder: Dieter Roßbach